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22.04.2003

Durch Tor und Tür

Pressemitteilung: Durch Tor und Tür

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Vor dem Schönhof im Paderborner Dorf: Das reich geschmückte Portal lässt etwas von der Innenausstattung ahnen.

Bei strahlendem Wetter beteiligten sich 90 Interessierte an diesem Osterspaziergang. Aufmerksam folgten sie den Zusammenhängen, die der leitende Theologe der Lippischen Landeskirche herstellte. Das Thema passt gut zu Ostern, erklärte Noltensmeier: Die Türen des Todes, vor denen der Mensch steht, sind nach christlicher Überzeugung mit der Auferstehung Christi nicht mehr verschlossen. Die Frauen auf dem Weg zum Grab, die sich fragen, wer ihnen den Stein vom Eingang wegwälzt; die Jünger, die sich nach der Kreuzigung hinter verschlossenen Türen versammelt haben – sie erfahren überrascht die befreiende Kraft dessen, der von sich selbst sagt: „Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden...“ (Johannes 10,9).
Am Torhaus des Münsterländer Gräftenhofs. Noltensmeier gibt baugeschichtliche Informationen zu diesem stattlichen Backsteinbau des späten 18. Jahrhunderts, erzählt von der nur noch herrschaftlich-repräsentativen Funktion der wehrhaften Anlage: Wassergraben und Schießscharten dienten damals nicht mehr Verteidigungszwecken. Das Tor ist in der Bibel ein Ort der Rechtsprechung, aber auch der Verlockungen und Höhen und Tiefen des Lebens: „Da waren Leibwachen, da wurde Gewalt geübt, da warteten die Huren, da gab es das Geschwätz und das Palaver, da gab es auch das Lob Gottes.“
Die 1775 bei Delbrück errichtete Wegkapelle erinnert an fromme Pilger. „Der Glaube riskiert Öffentlichkeit“, sagt Noltensmeier und erinnert gleichzeitig an die Warnung Jesu, seine Frömmigkeit zur Schau zu stellen (Matthäus 6,6). Vor dem Weitergehen hört die Gruppe ein biblisches Wallfahrtslied, den 84. Psalm. Dort heißt es: „Ich will lieber die Tür hüten in meines Gottes Hause als wohnen in der Gottlosen Hütten...“
Blick von der Anhöhe auf das Paderborner Dorf. Eine Kirche fehlt – undenkbar für ein Dorf im Paderborner Land, aber: Bis jetzt ist nirgendwo eine übrig, die hierher versetzt werden könnte. „Als Kirchenmann sage ich das mit einer gewissen Erleichterung“, meint Noltensmeier. Das Haus Stahl, Besitz reicher Schnapsfabrikanten in Gütersloh, trägt fromme Inschriften, Worte des Segens und des Vertrauens. Hausinschriften, erläutert der Theologe, sind „Zeugnisse einer tief religiösen Glaubenswelt“, die noch etwas von magischen Abwehrzeichen haben: als Versuch, das Böse vom Haus fernzuhalten. Angesichts des prächtigen Rokokoportals zitiert Noltensmeier eine Warnung biblischer Weisheitsliteratur: „Wer seine Tür zu hoch macht, strebt nach Einsturz“ (Sprüche 17,19). Im Kontrast dazu die niedrige Tür des benachbarten armen Tagelöhnerhauses, in dem zeitweise neun oder mehr Personen auf 50 Quadratmeter Wohnfläche lebten. Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Matthäus 20,1-16) greift die unmittelbare Abhängigkeit des Tagelöhners von seinem Herrn auf – ein Arbeitsverhältnis, das Jahrtausende Bestand hatte.
Ein jüdisches Haus aus Ovenhausen bei Höxter, das im Paderborner Dorf gerade aufgebaut wird, gibt Noltensmeier Gelegenheit, auf den biblisch begründeten Brauch der Mesusa hinzuweisen: eine Kapsel, am Türpfosten befestigt, die Gottes Mahnung aus dem 5. Buch Mose enthält: „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein.“ Nach zweistündigem Weg Abschluss in der Kapellenschule aus dem Siegerland. Türen des Glaubens, sagt der Landessuperintendent, öffnen sich nicht nur in der Kirche, sondern überall dort, wo sich Menschen einander zuwenden. Und er liest die Vision des Sehers Johannes vom himmlischen Jerusalem, das zwölf Tore hat.
Die nächste Führung in dieser Reihe findet am 18. Mai statt. Kirchenrat i.R. Klaus Wesner widmet sich dem Thema Bilder. Treffpunkt ist um 14 Uhr am Eingang des Freilichtmuseums.

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