Archiv 2005 - 2001

24.03.2003

Zerrissenheit und Vertrauen

Pressemitteilung: Zerrissenheit und Vertrauen

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Detlev Block, Theologe und Liederdichter, sprach zum 100. Geburtstag von Jochen Klepper.

Jochen Kleppers Werke begleiten heute vor allem die Kirche. Im Evangelischen Gesangbuch finden sich mehrere vertonte Gedichte. Zu den wohl bekanntesten zählen „Die Nacht ist vorgedrungen“ oder „Er weckt mich alle Morgen“. Jochen Klepper ist aber auch der Verfasser eines Romans über Friedrich Wilhelm I., den sogenannten Soldatenkönig und Vater Friedrichs des Großen. „Der Vater“, so ist auch der Titel des Werks. Es wurde zum Bestseller Ende der 30er Jahre. Der Dichter tiefgläubiger Lieder schrieb einen Roman, den Hitler verschenkte und Göring zu lesen empfahl? Kleppers Zerrissenheit deutet sich an, zwischen einem offenbar tiefgreifenden Vaterkonflikt, einer nationalen Grundeinstellung, aber auch einer entschieden christlichen Haltung. Und so erkennt Detlev Block auch zwischen den Zeilen „einen geheimen Protest gegen den Ungeist der Zeit, gegen den Tyrannen“.
Für die Nazis wurde Klepper untragbar durch seine Ehe mit einer Jüdin, durch die er sich mit dem Schicksal der Juden verbunden wusste. Jochen Klepper, seine Frau Hanni und seine Stieftochter Renate starben als Opfer des gleichen Regimes, das seinen Roman feierte. Alle drei begingen im Dezember 1942 Selbstmord - vom Rassenwahn des Naziregimes in den Freitod getrieben. Zuvor waren alle Versuche, eine Ausreise für Frau und Tochter zu erwirken, fehlgeschlagen. Klepper starb jung, mit 39 Jahren. Bis dahin hatte er sein Leben der Schriftstellerei gewidmet, nachdem er sich gegen die Theologie, deren Wissenschaftlichkeit ihn schreckte, entschieden hatte. Er arbeitete als Journalist beim Evangelischen Presseverband und beim Rundfunk, versuchte sich als freier Schriftsteller zu etablieren. Erst als ihm wegen seiner Ehe immer mehr Steine in den Weg gelegt wurden, erkannte er, „dass er nichts anderes sein wollte als ein protestantischer Dichter“, erzählte Detlev Block. Bei aller Angst um die Zukunft seiner Familie hat er immer wieder Zuflucht im Trost des Glaubens gefunden. Jochen Klepper hat aber auch gekämpft: um seine Existenz als Autor und um seine Familie. In seinen Tagebuchaufzeichnungen „Unter dem Schatten Deiner Flügel“ hat er diese schwere Zeit beschrieben. Es gelang Klepper, zumindest für eine seiner beiden Stieftöchter, Brigitte, die Genehmigung zur Ausreise nach England zu erwirken. Dort lebt Brigitte Stein auch heute noch, mittlerweile 83 Jahre alt. Ihr Stiefvater, der Dichter wunderschöner Kirchenlieder, ist gemeinsam mit ihrer Mutter und Schwester aus dem Leben geschieden. Geblieben sind seine geistlichen Gedichte, die heute in den Kirchen gesungen werden.

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