Archiv 2005 - 2001

26.03.2002

Staat und Religion aus christlicher und muslimischer Sicht

Pressemitteilung: Staat und Religion aus christlicher und muslimischer Sicht: Diskussion in der Lippischen Landeskirche

Über das Thema „Religion und Politik“ diskutierten außerdem der Theologische Kirchenrat Andreas-Christian Tübler, Pfarrer Heinz Klautke (Hannover), der frühere Islam-Referent der Evangelischen Kirche in Deutschland, und die Jura-Studentin Selma Öztürk. Initiiert und moderiert wurde das Gespräch von der lippischen Ökumenepfarrerin Dr. Gesine von Kloeden.
Der Islam zielt von Anfang an auf die Organisation eines Staatsgebildes - im Gegensatz zum Christentum, wie Tübler deutlich machte. Das Recht und damit auch das Staatsrecht habe nach christlichem Verständnis eine dienende, ordnende Funktion, keine religiöse. Der Staat könne und dürfe die Grundlagen und Werte, von denen die zivile Gesellschaft lebt, nicht selbst definieren. Gerade deshalb sei es Aufgabe der Christen als Staatsbürger, die Demokratie positiv zu gestalten.
Die Frage, ob es denn in Gegenwart oder Vergangenheit einen Staat gebe oder jemals gegeben habe, der den von Khairy beschriebenen islamischen Idealen auch nur annähernd entsprechen würde, musste der gebürtige Ägypter verneinen – mit einer kurzen Ausnahme: die letzten 25 Jahre vor Mohammeds Tod, als der Prophet in Medina regierte. Ansonsten würden in Ländern wie Iran, Saudi-Arabien oder Ägypten die Werte des Islam mit Füßen getreten. „Ich schätze die Freiheit, meinen Glauben auszuüben, die ich hier habe“, sagte Khairy, der zwar deutscher Staatsbürger ist, aber sich dennoch als Gast fühlt: „Als Gast verhält man sich respektvoll gegenüber dem Gastgeber.“ Auch Selma Öztürk räumte ein, dass sie mit ihrem Kopftuch in ihrer türkischen Heimat keine Universität betreten dürfte. Dort ist diese weibliche Kopfbedeckung als Glaubensdemonstration staatlicherseits verpönt. Im Gespräch mit dem interessierten Publikum kam die Frage auf, ob die beiden Muslime erst in der Freiheit einer westlichen Demokratie auf dieses äußerst liberale Verständnis ihrer angestammten Religion kommen konnten. Gefragt wurde außerdem, warum angesichts grausamer Staatsverbrechen im Namen des Islam – Beispiel: wer den islamischen Glauben verlässt, wird in vielen Ländern mit dem Tode bestraft – die wahren Moslems weltweit nicht reihenweise protestieren würden. Sami Khairy und Selma Öztürk konnten nur beteuern, dass sie solche Entartungen empörend finden. Die Studentin hatte eingangs dargelegt, wie fremd dem Islam jede Art von Mission sei: „Es ist verboten, Andersgläubige überzeugen zu wollen, schon gar nicht mit Druck oder Zwang.“ Stattdessen gebe es laut Koran eine „Einladung zur Kenntnisnahme“. Dies allerdings, erwiderte Heinz Klautke, entspreche durchaus dem christlichen Missionsverständnis. „Als Christen bezeugen wir unseren Glauben und teilen so unsere Wertschätzung der eigenen Religion mit“, sagte Klautke, der lange Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinden in der Türkei war.

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