Superintendent i.R. Herbert Grote machte bei seiner Kirchenführung auf den Taufstein (rechts) aufmerksam, der mit einem geschätzten Alter von 900 Jahren nach Meinung von Fachleuten der Älteste seiner Art in Lippe sei.

Reformierte Kirchenarchitektur

Lippischer Orgelsommer: 200 Besucher in Stapelage

Kreis Lippe/Lage-Stapelage. „Die frühere fränkische Hofstätte Stapelage ist mit einer der ältesten Kirchen Lippes ein besonders geschichtsträchtiger Ort.“ Professorin Heide Barmeyer-Hartlieb, stellvertretende Vorsitzende des Lippischen Heimatbundes, weckte mit dieser Ankündigung die Neugier der rund 200 Kirchen- und Orgelfreunde, die am Sonntag, 15. Juli, zur vierten Station des Lippischen Orgelsommers nach Stapelage gekommen waren.

Superintendent i.R. Herbert Grote, Gemeindepfarrer in Stapelage von 1988 bis 2001, erläuterte im Rahmen einer Kirchenführung die Geschichte des Ortes und des Gotteshauses. An die Kaffeepause schloss sich ein Orgelkonzert an, bei dem Kirchenchorleiter Gregor Schwarz auf der 1969 installierten Steinmann-Orgel Werke von Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn-Bartholdy und Dietrich Buxtehude spielte.

Herbert Grote berichtete, dass Stapelage bzw. die Kirche urkundlich erstmals 1185 erwähnt wurden. Es sei Leopold Möller gewesen, der mit privat initiierten Ausgrabungsarbeiten in den 1960-er Jahren nachgewiesen habe, dass die Kirchengründung bedeutend früher, nämlich bereits in karolingischer Zeit (um 790 n. Chr.) erfolgt sei. Der einstige Lagenser Bürgermeister und ehemalige Leiter der landeskirchlichen Tagungsstätte Haus Stapelage habe durch seine Entdeckungen die archäologische Fachwelt gegen anfängliche Widerstände davon überzeugt, dass Stapelage Sitz eines sächsischen Edelmanns gewesen sei. Dessem Nachfolger verlieh Karl der Große die Rechte eines Gaugrafen. Um 800 sei in unmittelbarer Nachbarschaft zum Grafenhof die erste Steinkirche als Keimzelle der heutigen Kirche errichtet worden. Die Kirche wurde mehrfach umgebaut und erweitert. Zwischen 1100 und 1200 entstand der romanische Turm, der die Jahrhunderte bis heute überdauerte.

Superintendent i.R. Grote bewertete den letzten und im Jahr 1761 fertiggestellten Umbau, der praktisch ein Neubau war, als einschneidend sowohl in architektur- wie in kirchengeschichtlicher Hinsicht. Das alte Kirchenschiff wurde in einen barocken Saal umgewandelt. Der Altar im Chorraum vor der im Kirchenschiff sitzenden Gemeinde wurde entfernt und durch einen Abendmahlstisch mitten im Saal ersetzt. Dieser Komplettumbau trug der Einführung des reformierten Bekenntnisses in Lippe im Jahr 1605 Rechnung. Leopold Möller zitierend erklärte Herbert Grote: „Kanzel und Abendmahlstisch, also das Wort und das Sakrament, stehen im Mittelpunkt des Kirchenraumes.“ Insofern ist die heutige Gestalt der Stapelager Kirche ein typisches Beispiel einer reformierten Kirchenarchitektur. Ein Gedenkstein in der Kirchensüdwand erinnert an den Förderer des Neubaus, den Grafen Simon August, der das Land Lippe von 1734 bis 1782 regierte.

Der Kirchenumbau markierte den Höhepunkt der dörflichen Entwicklung Stapelages. Aus dem 18. Jahrhundert, so Herbert Grote, sei ein Brief eines Pfarrers überliefert, der sich über die alljährliche Kirmes beschwerte: Es werde bis in den frühen Morgen „getanzet und geraset“, so dass er kein Auge schließen könne.

Heute kann man im Pfarrhaus gut schlafen. Der Dorfmittelpunkt ist zwei Kilometer östlich nach Hörste gerückt, wo seit den 1920-er Jahren auch die Kirmes gefeiert wird – aber weiterhin zusammen mit der Kirche, wenn am Kirmessonntag zum Dorffest-Gottesdienst ins Hörster „Haus des Gastes“ eingeladen wird.

Die nächsten Orgelsommer-Veranstaltungen: Sonntag, 22. Juli, Kirche in Schieder, Führung in der Kirche (Uwe Sundermann); Sonntag, 29. Juli, Martin-Luther-Kirche Detmold, Führung ab Kirchenportal (Elisabeth Wehlt). Der Orgelsommer klingt aus am Sonntag, 5.August, in der Kirche in Hillentrup, Führung ab Kirchenportal (Harald Wehrbein, Martin Frevert, Ulrich Schlingmeier). Beginn ist jeweils um 15 Uhr.

17.07.2007