Das Vermächtnis von Karla Raveh
Schüler setzen sich im Gottesdienst mit dem Holocaust auseinander
Neun Schülerinnen und Schüler der Karla-Raveh-Gesamtschule (KRG) haben in einem dreitägigen Workshop mit der Berliner Theaterpädagogin Bettina Frank Schlüsselszenen erarbeitet. Die Ergebnisse verarbeiteten auch Erkenntnisse aus Gesprächen mit Michael Raveh, dem Sohn der Lemgoer Holocaustüberlebenden. Das Projekt wurde von Religionslehrerin Renate Zimmermann-Grob, Vikar Daniel Robb und Landespfarrer Andreas Mattke, Schulreferent der Lippischen Landeskirche, begleitet.
Unter anderem veranschaulichten die Schülerinnen und Schüler ansprechend zwei Alltagsszenen aus dem Leben von Karla Raveh in Israel: Beim gemeinsamen Mittagessen holen sie immer wieder schlimme Erinnerungen an Hungersnöte im Konzentrationslager heim. Die andere Szene schaut nicht zurück, sondern öffnet Zukunft. Karla plant die Reise zur Karla-Raveh-Gesamtschule nach Lemgo. Als ihr Sohn mit seiner Familie sie besucht, sprechen sie über die Fahrt und entscheiden, alle zusammen nach Deutschland zu reisen.
Es sei unmöglich, mit Schülern den Holocaust nachzuspielen, erklärte Bettina Frank im Interview. Theater könne jedoch an eigenen Erfahrungen anknüpfen, sie weiterentwickeln und ein körperliches Erlebnis schaffen, das lange in Erinnerung bleibe.
Weiterhin wurde auch ein Museumsgang nachgestellt, in dem die Schüler Gegenständen, die Karla Raveh im Holocaust begleiteten – ein Brotbeutel oder ein schwarzer Mantel – eine Stimme verliehen.
Andreas Mattke fragte in seiner Ansprache: „Von Gestern für das Morgen lernen! Wie macht man das? Sechs Millionen Menschen wurden während des Holocausts ermordet. Wie gelingt das, wenn Menschen auf ein so schlimmes Gestern zurückblicken? Wie kann man an der Erfahrung von Gestern nicht zerbrechen, sondern Zukunft gestalten? Die hebräische Bibel, das Alte Testament, das Christen mit Juden verbinde, fordere auf: „Lass ab vom Bösen und tue Gutes; suche Frieden und jage ihm nach!“ (Ps. 34,14) Frieden sei ein Kernthema der Bibel: Frieden zwischen den Völkern, in der Familie, der eigenen Seele, Frieden mit Gott. Für das Wort „Frieden“ stehe das hebräische Wort „Schalom“, das auch als Gruß bekannt sei. Schalom sei nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern das Gutergehen aller Lebewesen nah und fern. Es sei die Vision eines Zusammenlebens, in der Gewalt überwunden sei und Ungerechtigkeit aufhöre. Frieden geschehe nicht von allein und nicht alleine, aber er fange bei jedem Einzelnen an. Karla Raveh habe sich diese Fragen gestellt und Antworten gefunden und mit ihrem Leben anderen weitergegeben. „Vom Gestern für das Morgen lernen heißt: Suche Frieden und jage ihm nach!“
13.02.2019