Gottesdienst im Kreishaus

Etwa 120 Besucherinnen und Besucher feierten 100 Jahre Frauenwahlrecht und 80 Jahre EFiL

Sprachen über ihre Arbeit in Kirche und Politik: Friederike Miketic und Ellen Stock mit Monika Korbach (v.l.)

Kreis Lippe/Detmold. 100 Jahre Frauenwahlrecht und 80 Jahre Evangelische Frauen in Lippe (EFiL) – das war den Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Lippe und der Stadt Detmold mit den Evangelischen Frauen in Lippe ein Gottesdienst in der landeskirchlichen Reihe „Profile“ wert. Das Interesse am Freitagnachmittag (22. Juni) war groß: Etwa 120 Besucherinnen und Besucher waren dorthin gekommen, wo Politik gestaltet wird, in den Sitzungssaal des Kreistags. Dass es um das Thema Wahl ging, machte Nicole Krüger, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Lippe, deutlich, als sie einen Stimmzettel zur Begrüßung hochhielt. Brigitte Fenner, Pfarrerin für Frauenarbeit der Lippischen Landeskirche, erklärte, dass man an Wahlsonntagen vor und nach dem Gottesdienst wählen gehen kann: „Eine Christin sollte politisch sein“.

Wie sich das politische Frauenwahlrecht und die Situation in der Lippischen Landeskirche für die Frauen entwickelte, erläuterte Annette Stadermann (EFiL). Am 12. November 1918 war die Geburtsstunde des Wahlrechtes für Frauen. 1919 konnten sie das erste Mal wählen gehen und sich wählen lassen. 80 Prozent der Frauen nutzten ihr aktives Wahlrecht, der Anteil der gewählten Frauen in der Nationalversammlung betrug 8,7 Prozent. Doch die Entwicklung ging nicht kontinuierlich nach oben. Im Gegenteil, aktuell hat der Anteil der Frauen in der Politik sogar wieder abgenommen: Heute sind nur zehn Prozent der Bürgermeister in Deutschland weiblich, im Bundestag sind nur 31 Prozent der Abgeordneten Frauen, im Landtag NRW 28 und im lippischen Kreistag 32 Prozent.

In der Lippischen Landeskirche, in der Frauen lange Zeit auf diakonische Aufgaben festgelegt waren und das passive Frauenwahlrecht für die Kirchenvorstände bis in die 50er Jahre hinein hatte auf sich warten lassen, sieht es derzeit etwas besser aus: in den Kirchenvorständen sind etwas mehr Frauen als Männer, in der Synode 22 von 56 Synodalen Frauen. Eine davon ist Friederike Miketic, die auf dem bunten Sofa im Interview mit Monika Korbach berichtete, dass die Stimmung in der Synode sehr fair sei. Sie und Ellen Stock, SPD-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete, waren sich aber einig, dass Frauen mutiger werden sollten und sich öfter einmischen und mitmachen in Führungspositionen.

Brigitte Fenner rief in ihrer Predigt die Frauen dazu auf, angesichts einer Zeit, „in der wir mit Lagern an den Außengrenzen und mit dem Wunsch nach Lagern innerhalb unserer Grenzen leben“, nicht untätig zu bleiben: „Der Beitrag christlicher Frauen besteht darin, dass sie als Wählerinnen, aber auch in den Parteien und parteiübergreifend ihre Stimme erheben gegen Ausgrenzung und für das Miteinander.“

Dass mit mehr Frauen in den Parlamenten auch die Politik eine andere würde – als die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Detmold, Regina Homeyer, die Gottesdienstbesucher aufforderte, aufzustehen, wenn sie dieser Ansicht seien, erhoben sich die allermeisten von ihnen.

Begleitet wurde der Gottesdienst mit Musik des Saxophonquartetts AbraxSax und von Annette Wolf am Klavier. Im Anschluss kamen die Besucherinnen und Besucher noch bei einem Glas Sekt ins Gespräch.

26.06.2018