Große Resonanz

„Bibel in gerechter Sprache“ Thema auf dem Bibeltag der Lippischen Bibelgesellschaft

Diskutierten in der Erlöserkirche am Markt über die „Bibel in gerechter Sprache“: Prof. Dr. Harald Schroeter-Wittke, Diplom-Übersetzerin Ina Müller, Prof. Dr. Martin Leutzsch und Prof. Dr. Andreas Lindemann. Landessuperintendent Dr. Martin Dutzmann moderierte die Diskussion. (von links)

Kreis Lippe/Detmold. Der Bibeltag 2006 der Lippischen Bibelgesellschaft am Sonntag, 29. Oktober, in der Erlöserkirche am Markt war von großem Interesse begleitet. Dort diskutierten vier Theologen und eine Übersetzungswissenschaftlerin über die gerade erschienene „Bibel in gerechter Sprache“ – ein Projekt, das viel Lob, aber auch Kritik erfährt.

Mehr als 50 Theologinnen und Theologen haben in den vergangenen fünf Jahren die Bibel neu übersetzt - in eine andere, eine zeitgemäße, gerechte Sprache. Das Ergebnis, die „Bibel in gerechter Sprache“, war jetzt Thema der Podiumsdiskussion in Detmold. „Manche haben sie herbeigesehnt, manche haben sie hart kritisiert – das Interesse ist größer als an anderen Übersetzungen“, sagte Landessuperintendent Dr. Martin Dutzmann, der die Diskussion moderierte. Prof. Dr. Martin Leutzsch von der Universität Paderborn und Mitherausgeber der „Bibel in gerechter Sprache“ legte dar, worum es den Initiatoren des Projektes ging: „Wir haben uns die Gerechtigkeit zum Kriterium gemacht: die Gerechtigkeit zwischen Frauen und Männern und die Gerechtigkeit zwischen Christentum und Judentum. Diese zwei Dimensionen haben wir versucht mit sozialgeschichtlichen, sprachlichen und exegetischen Erkenntnissen zu verbinden.“ Deutliche Kritik an der neuen Bibelübersetzung hatte Prof. Dr. Andreas Lindemann von der Kirchlichen Hochschule Bethel: „Diese Übersetzung tritt mit dem sehr hohen Anspruch der gerechten Sprache auf. Man hätte sie vielleicht besser modern oder zeitgemäß genannt.“ Manche der neu übersetzten Textstellen seien vom Urtext her nicht nachzuvollziehen. „Das Original ist nicht immer erkennbar“. Der Leser, der kein hebräisch oder griechisch beherrsche, könne nicht vergleichen.

Das könne man bei der Lutherbibel allerdings auch nicht, gaben andere Teilnehmer des Podiums zu bedenken. Diplom-Übersetzerin Ina Müller von der Hochschule Magdeburg-Stendal wies darauf hin, dass es keine Übersetzung ohne Auslegung und Interpretation gebe. Denn wie es im Ursprungstext wirklich gemeint sei, könne nach heutigen Maßstäben keiner genau wissen. Und gerade der Bedeutungsumfang der hebräischen Worte sei sehr groß. Ihrer Ansicht nach ist die Neuübersetzung durchaus eine Alternative zu den bisher vorliegenden Übersetzungen. Und Angst brauche man vor der „Bibel in gerechter Sprache“ nicht zu haben. „Die Übersetzer formulieren im Vorwort ihre Kriterien und Zweifel. Der Leser wird nicht entmündigt.“ Prof. Dr. Harald Schroeter-Wittke von der Universität Paderborn befand, dass die Lutherbibel natürlich nicht aus den Gottesdiensten verschwinden werde, „da sie uns sehr geprägt hat.“ Dennoch sei daneben auch für diese Bibel Platz: „Keine Übersetzung legt ihre Grundsätze so offen wie diese. Und den Psalm 23 finde ich hier so gelungen – warum sollten zum Beispiel Konfirmanden zum Auswendiglernen nicht die Übersetzung aussuchen, die ihnen am besten gefällt?“ Die Bibel ist wieder ins Gespräch gekommen – das scheint die „Bibel in gerechter Sprache“ auf jeden Fall bereits geleistet zu haben. Und dass Menschen sich aufregen, das kann Harald Schroeter-Wittke nur begrüßen: „Es ist gut, dass sich aufgeregt wird- dadurch ist die Bibel im Gespräch und Dinge sind im Bewusstsein, die wir sonst verschleiern.“

31.10.2006