Historiker Roland Linde beim Vortrag im ev.-ref. Gemeindehaus Heiligenkirchen.

Eine Reise ins Mittelalter

Robert Linde führte in die Geschichte Heiligenkirchens ein

Detmold-Heiligenkirchen. Bewegend ist die Geschichte Heiligenkirchens. Der Detmolder Ortsteil feiert in diesem Jahr sein 1000-jähriges Bestehen. Roland Linde hat im Gemeindehaus der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Einblicke in den Stand der Forschung gewährt. Der Historiker ist in Detmold geboren und lebt in Münster. Sein Arbeitsschwerpunkt ist Westfalen-Lippe.

Etwa 70 Gäste ließen sich auf eine Reise ins Mittelalter führen. Der Sage nach soll die erste Kirche (Kapelle) des Ortes auf Veranlassung Karls des Großen (747-814) nach einer gewonnenen Schlacht im Jahr 783 auf dem Königsberg erbaut worden sein.
Als möglicher Gründer der Kirche am heutigen Standort gilt ein Graf Bardo aus Schönemark. Diese Kirche, die auch Heiligenkirchen den Namen gab, wurde wahrscheinlich in der Mitte des 9. Jahrhunderts auf dem Gelände eines Herrenhofes als grundherrliche Eigenkirche errichtet und erhielt die Schutzheiligen Cosmas und Damian. Urkundlich erstmals erwähnt ist Heiligenkirchen 1015 als „Halogokircan“ (Kirche der Heiligen) und damit älter als die Stadt Detmold, die erst um 1250 gegründet wurde.
Als sicher gilt, dass Bischof Meinwerk 1023 einen Altar aus „Thietmelle“ (Gebiet um Detmold) nach Paderborn in die Krypta der neu erbauten Abdinghofkirche überführen ließ. Diesen Altar hatte Papst Leo III. am Rande seines Treffens mit Karl dem Großen in Paderborn im Jahr 799 geweiht. Die Gegend von „Theotmalli“ am Osning (Teutoburger Wald) hatte für Karl besondere Bedeutung als Ort seiner ersten Feldschlacht gegen die heidnischen Sachsen. Zur Zeit Karls und auch Meinwerks war „Theotmalli“ bzw. „Thietmelle“ kein bestimmter Ort, sondern eine Landschaft, deren Name sich später auf die Stadt Detmold übertrug.
In welcher Kirche der vom Papst geweihte und somit besondere Altar stand, ist umstritten. Mehrere Forscher halten Heiligenkirchen für den möglichen Standort. Bei Renovierungsarbeiten 1969 wurde dort die Existenz eines vorromanischen Kirchbaus entdeckt. Die Marktkirche in Detmold reicht wahrscheinlich nur in die Zeit der Stadtgründung um 1250 zurück. Die Entfernung des Altars hätte die Aufgabe der Kirche zur Folge gehabt. Was wäre eine Kirche ohne Altar? Es könnte sich daher auch um eine bislang nicht lokalisierte Kirche im Raum Detmold gehandelt haben. Möglicherweise erinnert der Kreuzstein, der im Mittelalter auf dem Königsberg am Postweg errichtet wurde, an diese verschollene Kirche. Der Kreuzstein befindet sich heute im Ortskern von Heiligenkirchen.
Nach Beantwortung von Rückfragen, die Pfarrer Detlef Harth moderierte, erhielt der Referent viel Applaus für den Vortrag, der Teil einer Veranstaltungsreihe ist, die zum Höhepunkt der Jubiläumsfeier vom 21. bis zum 23. August führt. Fazit: Heiligenkirchen ist möglicherweise der Ort, in dessen Umgebung eine wichtige Schlacht stattfand, in dem Kaiser und Papst Gäste waren und ein vom Papst geweihter Altar stand.
 

29.06.2015