Ursula Künning, Diplomsozialpädagogin aus Berlin und Christoph Pompe, Leiter des Evangelischen Beratungszentrums des Diakonischen Werkes der Lippischen Landeskirche.

„Babyklappen – Chancen für das Leben“

Erste Fachtagung für Anbieter von Hilfen für Mütter und Neugeborene in Extremsituationen

Detmold. „Babyklappen – Chancen für das Leben“ war das Thema einer Fachtagung, zu der das Diakonische Werk der Lippischen Landeskirche am Mittwoch, 15. März, eingeladen hatte. Gastgeber Christoph Pompe, Leiter des Evangelischen Beratungszentrums des Diakonischen Werkes: „Das ist schon insofern etwas Besonderes, weil es die erste deutsche Fachtagung für Anbieter von Hilfen für Mütter und Neugeborene in Extremsituationen ist.“

Das örtliche Detmolder Netzwerk „Babykörbchen Lippe / Ein Netzwerk für das Leben“  hat bisher die vielfältigen Erfahrungen der Anbieter schon eingerichteter Babyklappen genutzt. Während der Tagung fand ein Austausch über offene Fragen statt. Dazu gehörten Themen des Rechts – hier besonders der Jugendhilfe, des Personenstandsrecht, des Rechts auf Leben sowie des Rechts auf Kenntnis der eigenen Herkunft. Standards der Vernetzung, Standards der Betriebssicherheit und die Verbesserung der Kommunikation zwischen Forschung und Praxis des Betriebs von Babyklappen wurden ebenfalls besprochen.

Ralf Witte, Syndikus des Diakonischen Werkes Hannover, hielt einen Vortrag zum Thema „Kommt die Babyklappe zurecht mit dem Recht?“ Er erläuterte den Gesetzentwurf zur anonymen Geburt, der zur Zeit in der Beratung des Bundesrates ist. Weiter ging es um Fragen wie: „Macht sich die Mutter strafbar und macht sich das Personal eines Krankenhauses strafbar, wenn es eine anonyme Geburt durchführt?“ Verfassungsrecht, aber auch Transnationales Recht wurden erläutert. Ursula Künning, Diplomsozialpädagogin aus Berlin referierte zum Thema: „Babyklappe und anonyme Geburt – eine Analyse des Mediendiskurses“. Sie stellte fest, dass die Medien nach anfänglicher positiver Berichterstattung seit ungefähr drei Jahren den Betrieb von Babyklappen eher kritisch darstellen. Mal hieße es, dass eine Mutter in Panik sowieso außerstande sei, eine Babyklappe zu nutzen, dann wieder, dass Mütter, die ihre Schwangerschaft nicht geplant hätten, auch andere Hilfsangebote der Jugendhilfe, Adoptionsberatung und

Schwangerschaftskonfliktberatung annehmen könnten. Babyklappen könnten Frauen nötigen, ihr Kind dort abzugeben. Ursula Künning resümierte: „Im Zeitraum von 2000 bis jetzt wurden in Deutschland von kirchlichen und nichtkirchlichen Trägern etwa 80 Einrichtungen zur anonymen Kindesabgabe installiert. Kurz nach der Einrichtung der Babyklappen wurde die Forderung nach der Legalisierung anonymer Geburten laut, um auch Frauen, die in Notlagen sind, aber ihre Daten nicht offen legen wollen, eine medizinische Hilfe bei der Entbindung zukommen zu lassen.“ Durch die Intervention von Gegnern der anonymen Kindesabgabe sei eine Polarisierung der Debatte entstanden. In der öffentlichen Wahrnehmung sei zum Betrieb der Babyklappen Zustimmung zu verzeichnen, gerade in jüngster Zeit unter dem Eindruck erschreckender Nachrichten über getötet aufgefundene Säuglinge.

Die Teilnehmenden der Fachtagung halten den weiteren Erfahrungsaustausch der örtlichen Netzwerke von Kliniken, Beratungsstellen, Jugendhilfeeinrichtungen und freien Initiativen mit religiösem Hintergrund für notwendig. Ebenso wollen sie sich für die weitere Diskussion um gesicherte fachliche Standards der Netzwerke und des Betriebs von Babyklappen engagieren.

17.03.2006