Horst-Dieter Mellies, Andreas Karger und Wilhelm Gröne (von links) vor der Fotowand, die Paul Schneider zeigt.

Ein konsequenter Mann

Ausstellung über Paul Schneider in Lüdenhausen

Kalletal-Lüdenhausen. Paul Schneider war im Glauben und im Handeln ein konsequenter Mann. Das hat den „Prediger von Buchenwald“ im Nationalsozialismus das Leben gekostet. In der evangelisch-reformierten Kirche in Lüdenhausen regt jetzt eine Ausstellung zum Nachdenken über dieses und unser Leben an.

Bis zum 12. April sind in Lüdenhausen 17 Ausstellungstafeln mit Bildern, Zitaten und Texten von und über Pfarrer Paul Schneider, der 1939 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet wurde, zu sehen.
„Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“, danach hat Schneider gelebt und das wird in der komplexen Ausstellung der „Pfarrer-Paul-Schneider-Gesellschaft“ (Weimar) vermittelt.
„Man wird hineingenommen in dieses Leben“, beschrieb Hausherr Pfarrer Horst-Dieter Mellies deren Wirkung bei der Eröffnung am 22. März.
Dass die Ausstellung zum Nachdenken anregt, bekannte auch Kalletals Bürgermeister Andreas Karger in der Eröffnungsrede. „Besäße ich wohl selbst die Überzeugung und Kraft, so zu handeln?“, lautete eine der Fragen, die Karger sich in der Beschäftigung mit dem Thema gestellt hat und die sich wohl auch jeder Besucher stellen wird.
Wie dieser Mensch war, vor welchem Hintergrund seine Überzeugungen sich herausgebildet haben, dass er schon früh ganz allein dastand und nur auf die Unterstützung seiner Frau setzen konnte, darüber informierte anschließend Pfarrer i.R. Wilhelm Gröne von der „Pfarrer-Paul-Schneider-Gesellschaft“ die Gäste der Eröffnung.
Paul Schneider, am 29. August 1897 geboren, meldete sich im ersten Weltkrieg als Freiwilliger zu den Dragonern und begann 1919 mit dem Theologiestudium. „Was ist verbindlich in einer Zeit, in der alles zusammenstürzt?“, stellte Gröne die Frage, die auch Schneider bewegt haben mag. Der entschied sich für den Halt, den er im Glauben fand und wandte sich konsequent gegen alle Bestrebungen, Gott und Jesus von der „Heilsfigur Hitler“ zurückdrängen zu lassen.
1933 wurde er ein erstes Mal angezeigt, weil er, inzwischen Pfarrer in Hochelheim (Hessen), eine öffentliche Erklärung gegen einen Artikel des SA-Stabschefs Ernst Röhm abgegeben hatte. Schon 1934 fand er sich in einer kleinen Gemeinde im Hunsrück wieder, geriet auf der Beerdigung eines Hitlerjungen mit dem NSDAP-Kreisleiter aneinander, wurde in den darauffolgenden Jahren bis 1937 dreimal in Haft genommen. Man verbot ihm die Rückkehr in seine Gemeinde und wies ihn aus dem Rheinland aus.
Paul Schneider war unbequem. Die offizielle Kirche habe versucht, ihn in den Ruhestand versetzen zu lassen, den Mitgliedern der Bekennenden Kirche sei er ein Rätsel gewesen, führte Gröne aus. Sie stärkten ihm nicht den Rücken, als er die Entscheidung fällte, in seine Gemeinde Dickenschied zurückzukehren.
„Es war nicht Fanatismus. Für Paul Schneider war es einfach nur konsequent“, so Gröne. Diese Konsequenz machte ihn zum Häftling 2491 im Block 22 in Buchenwald. Seine Weigerung, bei einem Fahnenappell zu Hitlers Geburtstag die Mütze abzunehmen, bescherten ihm Einzelhaft und Misshandlungen. Ungebrochen setzte er sich, durch sein Zellenfenster, für Mithäftlinge ein, klagte die SS-Männer an und predigte. Am 18. Juli 1939 wurde er vom Lagerarzt Dr. Erwin Ding mit einer Überdosis Strophanthin getötet.
„Er hat authentisch gelebt – er konnte nicht anders. Wir brauchen Menschen wie Paul Schneider, die solche Wege gegangen sind, damit sie uns aufrütteln“.
Die Ausstellung ist bis zum 12. April in der Kirche zu sehen. Besucher wenden sich bitte an das Gemeindebüro (Di, Mi, Fr von 8.30 Uhr bis 12 Uhr, Tel: 05264/9168). Anmeldung für Gruppen und Schulklassen: Pfr. Horst-Dieter Mellies, Tel. 05261-7009672.
 

25.03.2013