„Verantwortung übernehmen“

Rechenschaftsbericht des Landeskirchenrates

Kreis Lippe/Detmold. Zum Auftakt der Lippischen Landessynode im Landeskirchenamt in Detmold hat Landessuperintendent Dr. Martin Dutzmann am Montag, 21. November, den Rechenschaftsbericht des Landeskirchenrates vorgelegt. Darin erinnert er an die Verantwortung der Kirche unter anderem für Flüchtlinge und die Bewahrung der Schöpfung. Unangenehmes Wissen über den Zustand und die Zukunft unserer Welt, unserer Gesellschaft und unserer Kirche dürfe nicht verdrängt werden.

Klimawandel
„Wir wissen, dass der Klimawandel bereits heute Opfer fordert“, so Dutzmann. Um den Klimawandel zu verlangsamen, bedürfe es vor allem der Veränderung unseres Lebensstils. Bereits etwa 50 Prozent der Kirchengemeinden der Lippischen Landeskirche bezögen inzwischen Öko-Strom. Insgesamt würden 95 Gebäude von Kirchengemeinden durch das Detmolder Niedrig-Energie-Institut daraufhin untersucht, wie viel Tonnen CO2 durch energetische Sanierungsmaßnahmen eingespart werden können. Die Kirchengemeinden könnten dann entscheiden, ob sie diese Maßnahmen umsetzen. Dr. Dutzmann: „Angesichts des göttlichen Auftrags an den Menschen die Erde „zu bebauen und zu bewahren“ (1. Mose 2,15) und angesichts der verheerenden Auswirkungen unseres Lebensstils auf andere Menschen ist das allerdings sehr zu hoffen.“

Flüchtlinge aus Afrika
„Wir wissen, dass tausende verzweifelter Menschen aus Afrika bei uns Zuflucht suchen.“ In der Bibel heiße es unmissverständlich: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut“ (Jesaja 58, 7)
Angesichts der politischen Entwicklungen im Mittelmeerraum habe die Kammer für Migration und Integration der EKD ein Orientierungspapier zu Migrationsfragen veröffentlicht. Darin gehe es unter anderem um eine ausgewogene Verteilung von Schutzbedürftigen in Europa. Die Umbruchsituation in Nordafrika unterstreiche die Notwendigkeit, eine gemeinsame Migrations- und Flüchtlingspolitik der EU zu schaffen. Dr. Dutzmann: „Mit der Verteilung von schutzbedürftigen Menschen allein wird es allerdings nicht getan sein. Wer Flüchtlinge aufnimmt, muss auch für ihre Integration in die aufnehmende Gesellschaft sorgen.“ Außerdem müssten nun auch die europäischen Kirchen eine gemeinsame Position finden.

Schwangerschaftsabbrüche
„Wir wissen, dass in Deutschland jedes Jahr über 100.000 Schwangerschaften abgebrochen werden“. Die Gesellschaft und die Kirche müsse sich ernste Fragen stellen: „Was macht es Eltern so schwer, ein Kind mit einer Behinderung aufzuziehen? Sagt die Kirche deutlich genug, dass jeder Mensch ein kostbares Geschöpf Gottes ist – auch der Mensch, der mit einer Behinderung lebt?“ Ein anderer Grund für den Abbruch einer Schwangerschaft könne sein, dass manche werdende Mutter sich nicht in der Lage sehe, ihr Kind allein groß zu ziehen. „Geben wir allein erziehenden Müttern genügend Raum? Können sie sich von uns angenommen fühlen?“ Die Tatsache, dass erheblich weniger Kinder allein erziehender Mütter zur Taufe gebracht würden als Kinder „vollständiger“ Familien, lasse daran zweifeln. Martin Dutzmann: „Es ist und bleibt Aufgabe der Kirche, Menschen in Schwangerschaftskonflikten zu beraten und Eltern zur Seite zu stehen, die ihre Kinder unter widrigen Umständen großziehen.“

Gesellschaft wird älter
„Wir wissen, dass unsere Gesellschaft immer älter wird“. Dies sei einerseits ein Segen, andererseits eine Herausforderung und verlange neue Formen der Seelsorge. Pfarrerinnen und Pfarrern seien die jährlichen Geburtstagbesuche schon jetzt nicht mehr möglich. Umso erfreulicher sei das Engagement von Ehrenamtlichen in Besuchsdienstkreisen. Sie hätten einen Anspruch auf solide Fortbildung, „um mit der besonderen Lebenssituation alt gewordener Menschen angemessen umgehen zu können.“ Auch die gemeindliche Diakonie stehe vor Herausforderungen, alternative Wohnformen seien zu entwickeln: „Könnten Kirchenvorstände, die über die Verwendung eines nicht mehr benötigten Pfarr- oder Gemeindehauses zu befinden haben, nicht auch darüber nachdenken?“

Ökumene
„Wir wissen, dass die Kirche Jesu Christi nicht die ist, die sie sein sollte.“ Jesus wolle die Einheit der Kirche. Einende Impulse seien in diesem Jahr von dem Besuch Papst Benedikts XVI. in Deutschland erwartet worden. In Erfurt besuchte er das Augustinerkloster, in dem Luther als Mönch lebte. Dr. Dutzmann: „Man mag sich darüber freuen, dass zum ersten Mal ein Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche an einen Ort mit besonderer Bedeutung für die Reformationsgeschichte kam. Wir Evangelischen werden weiterhin daran erinnern, welche Ereignisse und Einsichten aus eben dieser Reformationsgeschichte bleibend wichtig sind.“ Der Ort dafür werde das Reformationsjubiläum 2017 sein: „Dieses Jubiläum kann und darf nicht in antiökumenischem Geist begangen werden; es sollte aber dem theologischen Gespräch zwischen den Konfessionen die Tiefenschärfe verleihen, derer es auf der gemeinsamen Suche nach der Wahrheit bedarf.“
Die ökumenischen Beziehungen zum Erzbistum Paderborn seien nach wie vor unkompliziert und geschwisterlich. So gebe es jedes Jahr einen Austausch zwischen Landeskirchenrat und Geistlichem Rat des Erzbistums, eine ökumenische Vesper sowie eine konfessionelle Kooperation im Religionsunterricht an Grundschulen.

Verbreitung des Evangeliums
Weiter führte Landessuperintendent Dr. Martin Dutzmann aus, dass viele Menschen nicht mehr über ihren christlichen Glauben Bescheid wüssten. Mit verschiedenen Projekten versuche die Lippische Landeskirche Impulse zum Nachdenken zu geben „und Menschen so anzusprechen, dass sie die Botschaft gerne hören und annehmen.“ Dazu gehörten das 2012 geplante Traufest in Lemgo, das Projekt Pilgern in Lippe oder auch die Wochen der Besinnung auf Juist. Besondere missionarische Aktionen könnten ihre Wirkung nur entfalten, wenn sie durch eine solide Gemeindearbeit grundiert seien: „Deshalb muss die Arbeitsfähigkeit der Gemeinden auch bei sinkenden Gemeindegliederzahlen und zurückgehenden finanziellen Mitteln erhalten werden. Das betrifft besonders den Pfarrdienst“. Mit Ende des Jahres laufe die auf fünf Jahre befristete Änderung des Pfarrstellenbesetzungsgesetzes aus, die das Recht zur Besetzung von Pfarrstellen auf den Landeskirchenrat überträgt. „Ein großer Teil der erforderlichen Stellenreduzierungen konnte umgesetzt werden.“ * Es werde keine Verlängerung der zurzeit noch geltenden Regelung angestrebt.

* Bis zum 31.12.2012 soll es 78,35 Gemeindepfarrstellen geben. Aktueller Stand sind 85,26 Pfarrstellen. Seit 2006 sind 19,74 Stellen reduziert worden. (Stand 2006: 104,75.)
 

21.11.2011