„Wir alle sind unterwegs“

Auftaktgottesdienst der Veranstaltungsreihe „Fremde.Heimat.Lippe.“

Pfarrer Dieter Bökemeier (Mitte) moderierte die Gesprächsrunde mit Kanat Mahmo, Lieselotte Häuser, Irmgard Milne, Julio Arancibio und Valentina Hamm (von links).

Kreis Lippe/Detmold. „Wir alle sind unterwegs - auch die, die noch nie umgezogen sind.“ Für Landessuperintendent Dr. Martin Dutzmann ist es ein „Wesenszug des Menschen“, unterwegs zu sein. Die Menschen erführen auf ihrer Reise durchs Leben oder im Falle eines gravierenden Ortswechsels Stärkung und Orientierung durch Gottes Wort, bekräftigte Dr. Dutzmann in seiner Predigt am Sonntag, 3. Februar, in der Detmolder Christuskirche. Der Gottesdienst eröffnete die Veranstaltungsreihe „Fremde.Heimat.Lippe.“ Unter diesem Titel stellen Lippische Landeskirche und Diakonisches Werk im Jahr 2008 das Thema „Migration“ in den Vordergrund.

Jedes Leben habe sein Ziel, sagte der Landessuperintendent: „Und zwar nicht den Tod, sondern Gottes Ewigkeit.“ Richtungweisend für den Lebensweg seien die Worte der Bibel. Mit ihrer Hilfe und dem Glauben könnten die Menschen die vielen Herausforderungen, die ihnen das Leben stelle, meistern. Die Worte der Bibel seien „Oasen und Raststätten auf dem Lebensweg.“
In einer vom Flüchtlingsbeauftragten der Lippischen Landeskirche, Pfarrer Dieter Bökemeier (Detmold), moderierten Gesprächsrunde berichteten fünf Gottesdienstbesucher, wie sie als Fremde nach Lippe gekommen waren und dort aufgenommen wurden. Julio Arancibio kam als Musikstudent vor 17 Jahren aus Peru nach Detmold. Aus einer als Aufenthalt auf Zeit geplanten Lebensstation wurde ein neues Zuhause. Arancibio, der jetzt Inhaber einer privaten Musikschule ist, verriet im Gespräch, dass er mittlerweile wie sein in Detmold geborener Sohn Heimatgefühle beim Anblick des Hermannsdenkmals empfinde.
Seit 30 Jahren lebt die 1951 aus der ehemaligen DDR geflüchtete Lieselotte Häuser in Detmold. „Die Altmark ist meine Heimat, aber Detmold ist mein Zuhause“, antwortete Frau Häuser auf Pfarrer Bökemeiers Frage, ob sie sich als Lipperin fühle.
„Ich sehe mich als deutschen Jesiden“, berichtete Kanat Mahmo, der 1990 wegen politischer und religiöser Verfolgung aus dem syrisch-türkischen Grenzgebiet nach Deutschland flüchtete. Es sei schwer gewesen, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Mittlerweile sei er deutscher Staatsbürger, betreibe in Spork-Eichholz eine „typisch deutsche“ Eckkneipe und betrachte sich sowie seine in Lippe geborenen Kinder von den Kneipengästen und den Nachbarn als „voll anerkannt.“
Irmgard Milne hat ein bewegtes Leben hinter sich. 1945 aus Hinterpommern geflohen, heiratete sie nach Kriegsende einen britischen Soldaten, mit dem sie in Berlin, Hessen und auf Zypern lebte. 1978 zog das Ehepaar nach Hörste. Nach dem Tod ihres Mannes ist Irmgard Milne nach Detmold umgezogen. Viele ihrer Lebensabschnitte seien „Durchgangsstationen“ gewesen: „In Hörste sind wir erstmals heimisch geworden. Aus Detmold werde ich nicht mehr fortziehen.“
Seit 11 Jahren lebt die aus Russland stammende Valentina Hamm in Detmold. Die tatkräftige Unterstützung durch bereits in Lippe wohnende Verwandte hätten ihr und ihrer Familie das Eingewöhnen in ihr neues Leben sehr erleichtert, erzählte die Spätaussiedlerin, die als Erzieherin in einer Kindertagesstätte arbeitet. Anfangs habe sie Vorurteile gegen Russlanddeutsche erfahren, sich davon aber nicht entmutigen lassen. Inzwischen fühle sie sich sehr wohl in ihrer neuen Heimat.
Pfarrer Bökemeier fasste anhand der Biographieschilderungen zusammen, dass es sehr wohl möglich sei, in einer neuen Umgebung Fuß zu fassen, wenn die „Neuankömmlinge“ wie auch die „Alteingesessenen“ aufeinander zugingen. Wenn man sich die Mühe mache, hinter der Nationalität und dem Herkommen den Menschen und dessen Persönlichkeit zu entdecken, könnten aus Fremden Vertraute und aus Fremde Heimat werden.

04.02.2008