Archiv 2005 - 2001

10.05.2005

Globalisierung kontra Tradition

Pressemitteilung: Globalisierung kontra Tradition Lutherischer Bischof Lakra aus Indien auf dem Evangelischen Bauerntag

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Bischof Nelson Lakra (4. v. r.) und seine Mitreisenden wurden auf dem Evangelischen Bauerntag begrüßt von (von links) Pfarrer Friedrich Wehmeier (landeskirchlicher Beauftragter für den „Dienst auf dem Lande“), Landeskirchenrat Andreas-Christian Tübler, Landwirt Heinrich Stiewe (Bauernausschuss der Landeskirche), Pfarrerin Birgit Krome-Mühlenmeier (ev.-ref. Gemeinde Wülfer-Knetterheide) und Ingrid Breder (Landfrauenverband Schötmar).

Thomas Lampenscherf, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Vereins Schötmar, berichtete, dass die geplante Reform der europäischen Zuckermarktordnung den heimischen Bauern sehr wahrscheinlich Einkommenseinbußen bescheren werde. Es sei absehbar, dass noch mehr Landwirte als heute ihren Hof nur noch im Nebenerwerb führen könnten. Andere würden versuchen, durch Zupacht von Flächen die Einnahmeverluste auszugleichen.
Zu Gast auf dem Evangelischen Bauerntag waren Bischof Nelson Lakra und drei weitere Vertreter der Gossner-Kirche. Sie schilderten, dass sich Globalisierungstendenzen direkt auf das Leben der indischen Ureinwohner, das Volk der Adivasi, auswirkten. Die Adivasi, die seit Missionsbeginn vor 160 Jahren die Mitgliederbasis der Gossner-Kirche sind, müssten um das ihnen noch verbliebene Land fürchten. Habe bereits die hinduistische Mehrheitsgesellschaft Indiens die unter britischer Herrschaft begonnene Entrechtung und Landvertreibung der Adivasi bruchlos fortgesetzt, so verstärke die Globalisierung diese Politik. Das zum Teil bodenschatzreiche Adivasi-Land werde ohne Rücksicht auf die Landbevölkerung von Firmen ausgebeutet, die in hinduistischer Hand seien. Da es für die Adivasi praktisch unmöglich sei, entscheidungsmächtige Positionen in den Provinzregierungen zu besetzen, gebe es für sein Volk kaum Möglichkeiten, sich der Hindu-Vormacht entgegenzustellen, sagte Bischof Lakra. Während die Hindu-Politiker sowie die Besitzer und Manager der indischen Firmen die Globalisierung vorantrieben und von ihr profitierten, bliebe den Adivasi kaum eine andere Möglichkeit, als sich als Teepflücker für einen kargen Tageslohn zu verdingen oder ihr Glück in den Städten als Kulis, Rikschafahrer oder Haushaltshilfen zu suchen. Dies führe oft zum Verlust der kulturellen Identität. Seit Urzeiten hätten die Adivasi ein fast schon spirituelles Verhältnis zum eigenen Land. Sie betrachteten es als Gottesgeschenk, das sie gemeinnützig verwalten aber nicht profitorientiert zerstören dürften. Ohne einen bescheidenen Landbesitz als Existenzgrundlage – im Durchschnitt ein knapper Hektar pro sechs- bis achtköpfiger Familie – fehle den Adivasi ein wichtiger Teil ihrer Identität. Bischof Lakra: „Einer meiner Landsleute hat einmal formuliert: Kein Land, keine Adivasi.“
Konkrete und erfolgversprechende Maßnahmen, die die Lage der breiten Mehrheit der Adivasi in absehbarer Zeit verbessern könnten, wusste Bischof Lakra den in Wülfer versammelten Landwirten nicht zu nennen. Er bat darum, gerade in Globalisierungszeiten die Nächstenliebe beziehungsweise die Ökumene nicht zu vergessen: „Es ist wichtig, dass wir als Christen und als Kirche zusammenhalten.“

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