Archiv 2005 - 2001

19.02.2004

Sehnsucht und das Wissen um die Richtung dieser Sehnsucht

Pressemitteilung: Klaus Berger tritt ein für Spiritualität im Alltag

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Die Spiritualität nicht den Esoterikern und Zen-Buddhisten überlassen: Dafür trat Klaus Berger (Mitte) in Lemgo ein, wo ihn Pfarrer Rolf-Joachim Krohn-Grimberghe (rechts) und Joachim Schmuck, pädagogischer Mitarbeiter der Evangelischen Erwachsenenbildung, willkommen hießen.

Eine Menge esoterischer Literatur und Seminare für fernöstliche Modelle der meditativen Selbstfindung versprechen den nach Spiritualität suchenden Menschen Antwort. Dazu Berger: „Wir Christen brauchen nicht auf den Zen-Buddhismus und die Esoterik zu warten. Wir haben genügend Schätze im eigenen christlichen Haus.“
Spiritualität ist für ihn „Alltagsfrömmigkeit“. Für sie müsse man sich jedoch Zeit nehmen. Wesentlicher Bestandteil der Spiritualität sei das Gebet als „Ansprache an den persönlichen Gott.“ Für dieses Gespräch bedürfe es des Innehaltens. Wer so aus dem Alltag heraustrete, der verzichte konsequenterweise auf Zeit für andere Dinge, zum Beispiel auf Zeit für den Beruf oder für die Familie. Dennoch bringe dieser Verzicht Gewinn: „Wer einmal bewusst die Einsamkeit sucht und für eine Weile schweigt, der wird feinfühliger für seine Mitmenschen.
Veränderungen, auch Verschlechterungen, die sich oftmals unbemerkt einschleichen, beispielsweise in der Partnerschaft, können so bemerkt werden.“ Jesus habe in der Regel allein gebetet, sagte Professor Berger. In der menschenleeren Wüste, die für die Juden immer der zentrale Ort der Begegnung mit Gott gewesen sei, habe er Zwiesprache mit seinem Vater gehalten. Aus einer Sammlung derjenigen Jesus-Worte, die nicht in der Bibel überliefert sind, zitierte Berger: „Fromm sein gegenüber Gott besteht aus zehn Teilen: neunmal schweigen und einmal allein sein.“ In der Einsamkeit der Wüste habe Jesus die befreiende Zuversicht der Spiritualität erfahren und die Kraft gefunden, auf damals wie heute Erstrebenswertes zu verzichten: auf Besitz, Beruf und Familie.
Zwar sei solch weit gehender Verzicht in dieser Entschiedenheit heutzutage für die Mehrzahl der Christen nicht zu verwirklichen. Aber die evangelischen Kirchen sollten ihren Mitgliedern Möglichkeiten anbieten, Spiritualität sinnlich zu erfahren. Evangelische Wallfahrten seien deshalb ebenso denkbar wie nächtliche Gottesdienste. In der Seelsorge dürfe die Psychologie nicht länger allein herrschen. Und die Verkündigung des Evangeliums sei keine philologische Bibelkunde. Berger: „Der Glaube ist keine Leistung, sondern eine Sehnsucht und das Wissen um die Richtung dieser Sehnsucht.“ Und diese Sehnsucht ist ebenso altmodisch wie modern, also zeitlos.

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