Archiv 2005 - 2001

03.11.2003

Menschen manchen die Bibel lebendig

Pressemitteilung: Bischof Joachim Wanke auf dem Lippischen Bibeltag in Lemgo

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Austausch über die Möglichkeiten, biblische Texte zum Sprechen zu bringen: Landessuperintendent Gerrit Noltensmeier, der Vorsitzende der Lippischen Bibelgesellschaft, Bischof Dr. Joachim Wanke und Horst-Dieter Mellies, Pfarrer in der Lemgoer Gemeinde St. Johann (von links).

Nicht die Bibel als solche, sondern die Bibel in der Hand von Glaubenszeugen sei gefragt. Denn das Wort Gottes sei nicht zunächst der abgedruckte Text, sondern in oder hinter ihm vorhanden. Erst durch Personen würden Texte sprechend: „Jesus hat Jünger herangezogen, keine Texte verfasst. Er hat Menschen beten gelehrt, und dabei lernten sie das Vaterunser und überlieferten es uns.“ Durch sein eigenes Leben habe er gezeigt, was seine Lehre praktisch bedeute.
Wenn Katholiken sagten, die Bibel sei der Kirche anvertraut, meinten sie nicht immer sofort die römische Glaubenskongregation, sondern das bunte, vielfältig begabte Volk Gottes. Nach Überzeugung Wankes hilft die Bibel jedem einzelnen Christen in diesem Sinne, über sein Leben und seinen Glauben „auskunftsfähig“ zu werden. Denn der Ort der Gottesoffenbarung sei das menschliche Leben, „gedeutet im Licht der Person, des Lebens, Sterbens und Auferstehens Jesu.“ Dazu sei keineswegs ein besonders „fester“ und „sicherer“, wohl aber ein ehrlicher Glaube die Voraussetzung. Zweifel, Nöte und Ängste brauche man nicht zu verstecken.
Nach der Erfahrung des Bischofs haben Menschen, die der Kirche fern stehen, große Erwartungen an die Christen: Das sei besonders nach dem Massaker im Erfurter Gutenberg-Gymnasium vor zwei Jahren deutlich geworden. Zwei Drittel der Bevölkerung Erfurts gehören keiner Religionsgemeinschaft an – nach dem Mordgeschehen entzündeten sie im Dom Kerzen, Hunderttausende nahmen am Trauergottesdienst teil. Wanke: „Die Kirche wird Ort einer weithin religionslosen Bürgerschaft, die wie selbstverständlich den sakralen Raum in Anspruch nimmt, gemeinsam bewegende Anliegen, hier die Trauer und das Nicht-Fassen-Können des Geschehenen zum Ausdruck zu bringen.“ Auf der Talsohle einer radikalen Entchristlichung in der Breite der Gesellschaft erwache ein neues Suchen nach dem Gottesgeheimnis.
Wanke plädierte deshalb für „erfahrungsgesättigte Zugangswege“, die neu zum Hören und Begreifen des Evangeliums einladen. Dabei knüpfte er an die Gleichnisse Jesu an, „merkwürdige Geschichten“, die sich keineswegs „frommer“ Stoffe bedienen: „Geschichten von Schatzgräbern, von Festgelagen, Räuberpistolen von Wegelagerern, Tricks von Verwaltern, die den Kopf aus der Schlinge ziehen wollen, Geschichten von Hausfrauen, die mit dem Besen nach verlorenen Münzen suchen, von Kaufleuten, die scharf auf kostbare Perlen sind...“ Christen hätten einen Reichtum in Händen, den sie anderen nicht vorenthalten dürften: „Wir brauchen den ungläubigen Zeitgenossen Gott nicht zu beweisen, aber wir müssen ihnen helfen, diesen Gott zu erahnen.“

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