„Quälende“ Größe und Dauer

Eröffnung der Hiob-Installation zu Beginn der Passionszeit am 21. Februar

Auf einer Leiter stehend umrahmt Pfarrer Maik Fleck die handgeschriebenen Texte mit blauen Streifen, die an den jüdischen Gebetsmantel erinnern.

Horn. 20 Meter lang und höher als ein Mensch ist die helle Stoffbahn, die in der Hornschen Kirche zwischen zwei Säulen aufgespannt ist. Die Installation erinnert an eine geöffnete Schriftrolle. Auf Schriftrollen waren ursprünglich die biblischen Bücher geschrieben. Die übergroße Schriftrolle in Horn ist mit dem alttestamentarischen Buch Hiob beschrieben. Eröffnet wird die Rauminstallation mit einer Lesung des gesamten Hiobbuchs zu Beginn der Passionszeit am Aschermittwoch, 21. Februar. Die Lesung beginnt um 19 Uhr und endet gegen 21.30 Uhr.

Auf die Stoffbahn hat Horns Pfarrer Maik Fleck Zeitungsseiten geklebt und sie anschließend weiß übertüncht. Darauf wiederum sind Textkolumnen aufgeklebt, und zwar die 42 Kapitel des Hiobbuchs, von denen Pfarrer Fleck die meisten mit der Hand geschrieben hat. Hiob, zu deutsch „der Angefeindete“, ist die biblische Gestalt des zu Unrecht Leidenden. Mit seiner Installation, die bis zum Beginn der Karwoche (Palmsonntag, 1. April) in der Kirche zu sehen ist, will Pfarrer Fleck die Passionszeit versinnbildlichen und an das Leid und an alles Unerträgliche erinnern. Pfarrer Fleck: „Schon die Länge der Schriftrolle und die Dauer der Lesung sollen für den Betrachter und den Hörer das Quälende darstellen: die Frage nach dem Warum seines Leidens und die Antwortlosigkeit Gottes.“

Die Geschichte des gottesfürchtigen Hiob, der Gott auch noch lobt, als ihm seine ganze Familie und alles Hab und Gut genommen wurde,  ist schnell erzählt - in der Bibel macht sie ganze dreieinhalb Kapitel aus. Aber Hiobs Leid ist nicht so schnell erzählt - und darum berichtet die Bibel in 42 Kapiteln die Gespräche Hiobs mit seinen Freunden, seine Anklage gegen Gott und Gottes Antwort, die - nach Ansicht von Pfarrer Fleck - keine Antwort ist. Fleck erläutert die von ihm gewählte Form der Installation: „Die Texte des Hiobbuchs bedecken die Zeitungstexte. Sie verdecken das alltägliche Geschehen, weil das im Buch Hiob Berichtete außerordentlich ist. Oder umgekehrt: Die Texte des Hiobbuchs spiegeln wider, worum es in den Zeitungen geht: um das Leben und das Leiden in seiner Alltäglichkeit.“

Die Hiobgeschichte geschieht im Rahmen von Gottes Geschichte mit seinem Volk. Wer um die Schriftrolle herumgeht, der entdeckt auf ihrer Rückseite die großen Themen der jüdischen Bibel, des Alten Testaments. Katechumenen der ev.-ref. Kirchengemeinde Horn haben die Bilder gemalt: die Welt als Schöpfung, der Neuanfang mit Abraham, die Befreiung aus Ägypten, die Gebote vom Sinai, David als Prototyp des Königs und Elia - der Prophet, der Gottes kommende Welt ankündigt.

Die räumliche Anordnung der Hiob-Installation im Kirchenschiff ist nicht zufällig. Die Schriftrolle umgibt die Gemeinde an den Seiten und im Rücken. Die Gemeinde wird von Hiobs Fragen und Reden und von Gottes „Antwort“ eingehüllt, geschützt. Sie sitzt inmitten dieser Fragen und hat dabei den Blick gerichtet auf die Kanzel und Abendmahlstisch vor sich.

19.02.2007