„Hoffnung lernen“

Religionslehrer beschäftigten sich mit Impulsen zum „Erzählen biblischer Geschichten“

Matthias Jungermann erzählte mit Gebrauchsgegenständen und Naturmaterialien biblische Geschichten.

Kreis Lippe/Lemgo. Welche Möglichkeiten gibt es, biblische Geschichten in der Schule zu erzählen? Wie können Religionspädagogen verdeutlichen, dass diese Geschichten ganz nah am Leben der Schülerinnen und Schüler sind? Mit diesen Fragen beschäftigte sich die Religionsunterricht-Tagung der Lippischen Landeskirche im Gemeindezentrum St. Nicolai in Lemgo.

Etwa 130 Religionslehrerinnen und -lehrer aller Schulformen waren der Einladung von Andreas Mattke, Landespfarrer für Kirche und Schule, gefolgt, um unter der Überschrift „Erzählen biblischer Geschichten“ Impulse für die Unterrichtspraxis zu erhalten. Unter den Referenten waren auch der Kinderliederautor Reinhard Horn und der Theologe Dr. Ingo Baldermann, von 1965 bis 1996 Professor für Evangelische Theologie und ihre Didaktik in Siegen.

Schulrätin Ute Habigsberg-Bicker und Kirchenrat Tobias Treseler eröffneten die Tagung mit dem Hinweis, dass während ihrer Kindheit das Erzählen biblischer Geschichten in Schule und Familie selbstverständlich gewesen sei. Sehr wahrscheinlich hätten diese Geschichten zum Herausbilden der eigenen Persönlichkeit beigetragen. Insofern sei es nicht nur aus religionspädagogischer Sicht eine spannende Frage, wie die Erzählungen zur Identitätsbildung heutiger Kinder und Jugendlicher beitrügen.

Wie man den alten Bibeltexten gerecht werden könne, ohne ihre Fremdheit und Eigenheit zu schnell in die Gegenwart aufzulösen, sei eine Frage der Tagung, stellte Landespfarrer Andreas Mattke fest. Die Frage nach der Lebensnähe biblischer Geschichten erfahre durch die Flüchtlingskrise eine besondere Aktualität. Die Bibel sei voll von Erzählungen über Flüchtlinge, stets verbunden mit der Aussage, dass Gott auf der Seite der Schutzsuchenden stehe. Die Bibel kenne viele Beispiele, wo Flüchtlinge nicht ausgegrenzt würden.

Die Bibel als „Buch der Hoffnung“ gewinne an Gegenwärtigkeit bei den Schülerinnen und Schülern, wenn sie die Chance bekämen, sich die Geschichten selbst zu erschließen, sagte Prof. Ingo Baldermann im Hauptvortag. Oft brächten die biblischen Texte bei den Schülern Saiten und Gefühle zum Klingen, die sie tief in sich trügen, für die ihnen aber die Worte fehlten: „Die Bibel verleiht den Erfahrungen Sprache, die sonst sprachlos blieben.“ Die Psalmen des Alten und die Wundergeschichten des Neuen Testamentes würden den Kindern und Jugendlichen Anlass geben, auf einen „guten Ausgang“ auch dann zu vertrauen, wenn auf den ersten Blick alles hoffnungslos erscheine. Für ihn, so Baldermann, sei der wichtigste Aspekt der Bibeldidaktik, den Schülerinnen und Schülern Hoffnung zu vermitteln. Man könne das Ziel der Beschäftigung mit biblischen Erzählungen umschreiben mit den Worten: „Hoffnung lernen“.

Matthias Jungermann alias „Radieschenfieber“ zeigte, wie man mit  alltäglichen Gebrauchsgegenständen wie Gurken, Lauch und Zollstock biblische Geschichten erzählen kann. Natürlich hatte bei aller Ernsthaftigkeit auch der Humor hier seinen Platz. Matthias Jungermann bewies auf professionelle Weise, dass biblische Geschichten und Humor gut zusammen passen.

In Workshops mit Prof. Baldermann, Reinhard Horn (Kinderliederautor), Matthias Jungermann (Puppenspieler und Figurentheater-Dozent), Dr. Manfred Karsch (Schulreferent des Kirchenkreises Herford) und den Fortbildungsdozenten Pfarrer Ralf Fischer und Ulrich Walter ging es anschließend um das Erzählen – zum Beispiel mit Liedern und Legebildern.

16.11.2015