Rastplatz für Reisende

Lippischer Orgelsommer machte Halt in der Sennegemeinde Schlangen

Pfarrerin Sabine Mellies-Thalheim (rechts) zeigte Friedrich Brakemeier (Vorsitzender des Lippischen Heimatbundes, links) und den anderen Besuchern das Christophorus-Bild (im Hintergrund).

Kreis Lippe/Schlangen. Die Orgel und die evangelisch-reformierte Kirche sowie der Ortskern des Sennedorfs standen im Mittelpunkt des Lippischen Orgelsommers, der am Sonntag, 26. Juli, in Schlangen Halt machte.

Kirchenvorstandsmitglied Marlies Hoffmann und Pfarrerin Sabine Mellies-Thalheim stellten den Gästen die Geschichte der Kirche vor. Heinz Kriete, Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins, erläuterte der Besuchergruppe bei einem Spaziergang rund um die Kirche prägende Ereignisse aus der Vergangenheit Schlangens.
Kriete erinnerte daran, dass Schlangen am 18. August 1904 von einem verheerenden Feuer heimgesucht wurde, das 80 Häuser völlig zerstörte. Danach wurde die Ortsmitte der Sennegemeinde mit Steinhäusern statt mit den bis dahin üblichen Fachwerkhäusern wieder aufgebaut. Den historischen Schlänger Ortskern lernt man auf einem ausgeschilderten ortsgeschichtlichen Rundwanderweg kennen.
Die allererste Schlänger Kirche stammt vermutlich aus dem 10. Jahrhundert und wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erneuert bzw. vergrößert. Die Kirche und das um sie herum entstandene Dorf lagen an einem wichtigen Verkehrsweg, der über den Teutoburger Wald führte. Jahrhunderte später wurde dieser Weg ausgebaut zu den beiden Chausseen „Fürstenallee“ und „Gauseköte“.
Nach Abbruch und Neuerrichtung des Kirchenschiffs im Jahr 1878 erhielt die Kirche durch den Detmolder Baumeister Ferdinand Ludwig August Merckel ihr heutiges Gesicht.
1970 machte man im Kirchturm, der ein knappes Jahrhundert zuvor glücklicherweise nicht abgerissen worden war, eine ganz besondere Entdeckung: Unter alten Anstrichen stieß man auf ein Wandbild des Christophorus aus dem 13. Jahrhundert. Es handelt sich um die älteste Christophorus-Darstellung in ganz Westfalen. Der Heilige und Nothelfer galt im Mittelalter als Schutzpatron der Reisenden. Das Wandbild im Schlänger Kirchturm zeigt ihn in typischer Manier als hünenhaften Menschen mit Stab, der das Jesuskind auf den Schultern über einen Fluss trägt.
Baumeister Merckel verlieh dem Kirchenschiff Helle, Leichtigkeit und Großzügigkeit durch damals moderne Bautechniken. Zum Beispiel ruht das Deckengewölbe auf ungewöhnlich schlanken Pfeilern. Alle Aufmerksamkeit sollte in dieser reformierten Kirche dem verkündeten Wort gehören, weshalb auf alle „ablenkenden“ und die Aufmerksamkeit auf sich ziehenden Gestaltungselemente verzichtet wurde. Bis zu 600 Gottesdienstbesuchern bietet die Kirche Platz.
1879 baute die Firma Philipp Furtwängler & Söhne aus Elze bei Hannover die zeittypisch romantisch gestimmte Orgel. Sie ist eines der wenigen erhaltenen Instrumente aus dieser Epoche in Lippe. Die Detmolder Musikstudentin Mona Rozdestvenskyte hatte für den musikalischen Teil des Orgelsommers Werke romantischer bzw. romantiknaher Komponisten ausgewählt, um mit epochentypischer Musik die reiche Harmonik und den zuweilen poetisch-weichen Klang des Instrumentes treffend und facettenreich zur Darstellung zu bringen. Mona Rozdestvenskyte gestaltete ihr Konzert mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 - 1847), Franz Liszt (1811 - 1886), Robert Schumann (1810 - 1856), Johannes Brahms (1833 - 1897) und dem litauischen Komponisten Mikalojus K. Ciurlionis (1875 - 1911).
 

27.07.2015