Prof. Dr. Fred Salomon, Katharina Friebe und Lothar Demmler (von links) stellten ihre Kenntnisse und Meinungen zum Thema Organspende zur Diskussion.

„Einladung zur Nächstenliebe“

Marktplatzgespräch erwog das Für und Wider von Organspenden

Detmold. Eine Organspende kann Leben retten. Aber zuweilen regen sich Zweifel: Ist mit dem Hirntod, der Voraussetzung für die Entnahme von Spenderorganen, das Leben wirklich beendet? Oder ist die Organentnahme ein Eingriff in den Sterbeprozess und führt den Tod womöglich erst herbei? Diese und weitere Fragen wurden erörtert beim Marktplatzgespräch „Organspende - Pflicht eines Christenmenschen?“.

Bildungsreferentin Monika Korbach (Lippische Landeskirche) und Pfarrer Dieter Bökemeier (ev.-ref. Kirchengemeinde Detmold-Ost) moderierten das Gespräch mit den drei Podiumsgästen Pfarrer i.R. Lothar Demmler (Empfänger einer Spenderlunge), Katharina Friebe (Referentin für Theologie und Ökumene beim Verband Ev. Frauen in Deutschland) und Prof. Dr. Fred Salomon (Chefarzt Anästhesie und Intensivmedizin am Klinikum Lippe) im Gemeindehaus am Markt am Dienstag, 26. Februar 2013.
Prof. Salomon sagte, dass vor jeder Organspende die Ärzte um das Leben der Patienten bis zuletzt kämpften. Erst nach Feststellung des Hirntods durch zwei Ärzte unabhängig voneinander würden die Mediziner die Organentnahme vorbereiten, wenn denn die Zustimmung sowohl des Verstorbenen als auch seiner Angehöriger vorliege. Prof. Salomon: „Der Hirntod ist die bestuntersuchte Todesart überhaupt.“ Sie sei keine Erfindung der Transplantationsmedizin. Ab dem Hirntod sei eine Umkehr in ein Leben nicht mehr möglich, auch wenn durch Beatmung und andere Hilfen einer technischen Hochleistungsmedizin die Herz- und Kreislauffunktion noch künstlich aufrechterhalten werde. Ein Abschalten der Apparate würde unweigerlich zum Kreislaufstillstand führen. In christlicher Hinsicht, so Prof. Salomon, sei für ihn die Möglichkeit einer Organspende eine „Einladung zur Nächstenliebe“.
Katharina Friebe sprach sich dafür aus, am „klassischen Todeskriterium“ des Kreislaufstillstands festzuhalten. Die Medizin liefere stets neue Erkenntnisse und es sei ungewiss, ob der Hirntod der tatsächliche Tod sei. Ihrer Überzeugung nach, so Frau Friebe, sei der unumkehrbare Ausfall der Hirnfunktion ein Teil des Sterbeprozesses - aber nicht der Tod selbst: „Solange beim Sterbenden noch Aktivitäten vorhanden sind, dürfen wir keine Person verzwecken - auch nicht für eine Organspende bzw. Organbeschaffung. Sterben ist ein natürlicher Prozess, der weder verlangsamt noch beschleunigt werden darf.“ Erst dann sei der Tod endgültig eingetreten, wenn ihn jeder intuitiv wahrnehme anhand des eingetretenen Herzstillstands, der gesunkenen Körpertemperatur und der sich bildenden Leichenflecken.
Pfarrer i.R. Lothar Demmler erhielt vor zehn Jahren eine Spenderlunge, weil seine eigene Lunge an einer seltenen, unheilbaren Krankheit litt. Im Grunde habe er vor der Transplantation schon mit seinem Leben abgeschlossen, so Demmler. Erst auf nachdrückliche und mehrfache Bitte seiner Familie habe er sich auf eine Liste von Organspende-Empfängern setzen lassen. Zehn Jahre nach der erfolgreichen Operation empfinde er „nur noch Freude und Dankbarkeit. Ich erlebe das Leben viel bewusster als früher und danke für jeden Tag.“ Allen Menschen, die im Todesfall ihre Organe spenden wollen, empfahl Lothar Demmler, sich zu informieren und ihr Vorhaben mit den Angehörigen zu besprechen. Diese sollten vorbereitet sein. Das entlaste sie - und auch das Klinikpersonal - im Vorfeld einer Situation, die die Angehörigen vor eine schwierige Entscheidung stelle.