Auf Augenhöhe begegnen

Reihe Vis-à-vis in Erlöserkirche fortgesetzt

Spielszene aus „Das Comeback des Jahres“ mit (v. l.) Friederike Ziegler, Melanie Tóth und Jörg Miethe im Gottesdienst in der Erlöserkirche am Markt.

Detmold. „Abends ins Theater, morgens in die Kirche“, das ist der Gedanke hinter dem Projekt „Vis-à-vis“, bei dem die Lippische Landeskirche und das Detmolder Landestheater zusammenarbeiten. Am Sonntag (6. Mai) stand in der Erlöserkirche am Markt das Stück „Das Comeback des Jahres“ im Mittelpunkt.

Pfarrer Andreas Mattke (Schulreferent der Lippischen Landeskirche) und Pfarrer Burkhard Krebber (ev.-ref. Kirchengemeinde Detmold-Ost) beleuchteten mit einigen Gästen das Stück, das zuvor in der Kinder- und Jugendbühne „Kaschlupp!“ aufgeführt worden war, aus theologischer Sicht.
Das Stück von Roland Spranger setzt sich mit der Situation von Menschen mit Behinderungen und dem gesellschaftlichen Umgang mit dem Anderssein auseinander. Im Mittelpunkt stehen die beiden Schulfreundinnen Roxy und Nina. Ihrem Alter entsprechend dreht sich ihre Welt vor allem um Themen wie Schule, Liebe, Coolness oder den aktuellen „myspace“-Status. Die heile Teenager-Welt bekommt Risse, als der gleichaltrige Fynn zurück in ihre Klasse kommt. Der Jugendliche sitzt nach einem gescheiterten Selbstmordversuch im Rollstuhl und provoziert mit sarkastischen Sprüchen. Die beiden Mädchen gehen auf unterschiedliche Weise mit dieser für sie schwierigen Konfrontation um. Eine Szene aus diesem Stück führten die Schauspieler Melanie Tóth, Friederike Ziegler und Jörg Miethe im Gottesdienst vor.
Pfarrer Andreas Mattke zeigte in seiner Predigt Parallelen auf zwischen der Handlung und dem Gleichnis vom Gastmahl, in dem es um den Wert von Gemeinschaft und den Umgang mit Menschen mit Behinderungen geht (Lukas 14): „Im Reich Gottes geht es um das Leben miteinander“, machte der Theologe deutlich. Wer nur auf sein eigenes Leben und seine individuellen Erfolge bedacht sei, müsse feststellen, dass das Leben so nicht gelinge. Wichtig sei, sich Zeit für seine Mitmenschen zu nehmen. „Sowohl das Gleichnis als auch das Stück regen dazu an, Gemeinschaft zu erleben“, sagte Mattke. Und noch etwas anderes wird darin seinen Worten nach deutlich: Vor Gott begegneten alle Menschen einander auf Augenhöhe – mit all ihren Stärken und Schwächen. „Jeder darf und soll so sein, wie er ist“, betonte Mattke. Jeder Mensch habe seine ganz persönlichen „Beschädigungen“ im Leben davongetragen. Diese sollte man nicht kaschieren, sondern mit anderen Menschen und mit Gott teilen, sagte der Theologe.
Unterstützt wurde Mattke bei seinem Vortrag von der Theaterpädagogin Stefanie Bertram. „Wir möchten die Jugendlichen nicht nur an Themen heranführen, die sofort gute Laune machen“, begründete sie die Auswahl des Stückes. Gerade die Auseinandersetzung mit Tabu-Themen könnten häufig dazu beitragen, die eigenen Grenzen zu erweitern. „Das Comeback des Jahres“ zeige alle seine Figuren als gleichberechtigte Menschen, mit all ihren Stärken und Schwächen. „Anderssein kann ganz schön normal sein“, führte die Theaterpädagogin aus, die auch von den positiven Reaktionen der Zuschauer auf das Stück berichtete.
Darüber hinaus beteiligte sich Schulpfarrerin Michaela Biere mit zwei Schülerinnen des Gymnasiums Blomberg an dem Gottesdienst. Im Rahmen eines Schulprojektes hatten sie sich im Religionsunterricht mit dem Stück sowie allgemein mit der Situation, den Wünschen und Möglichkeiten von Menschen mit Behinderungen befasst. Nach dem Gottesdienst mit Abendmahl bestand für die Besucher im Gemeindehaus die Möglichkeit, mit den Gästen ins Gespräch zu kommen.
 

09.05.2012