Aus der Tabuzone holen

Beratungsstelle Nadeschda informiert über Zwangsprostitution

Das Organisationsteam mit Referentin: Sabine Becker, Pfarrerin Petra Stork, Corinna Dammeyer (vorn, von links), Veronika Wolbring-Zimmermann, Gabriele Urhahn, (Mitte, von links) sowie Ursula Arhelger-Neef, Hildegard Meinel und Brigitte Ostermann (oben, von links). Es fehlt: Olga Gerlitz

Horn. Mit einem ernsten Thema haben sich die Gäste des Frauenfrühstücks am Samstag (17. März) in der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Horn befasst. Corinna Dammeyer von der Herforder Beratungsstelle „Nadeschda“ referierte über Zwangsprostitution und Menschenhandel in der Region: „Wir möchten das Thema transparenter machen und es aus der Tabuzone herausholen“, erklärte die Sozialpädagogin und Diakonin den Zuhörerinnen im gut besuchten Gemeindehaus.

Corinna Dammeyer berichtete, aus welchen Gründen Frauen zu Zwangsprostituierten werden und wie die Beratungsstelle den Betroffenen zu helfen versucht. Viele der Zwangsprosituierten in der Region kämen aus osteuropäischen Ländern wie Rumänien, Bulgarien und Russland, aber auch aus Afrika. Hintergrund sei die große Armut in diesen Ländern, in denen es kaum Arbeit gebe und wenn, dann oft nur schlecht bezahlte Tätigkeiten. Frauen, die nach einem Ausweg aus ihrer Situation suchen, sind daher „leichte Beute für Menschenhändler“, wie Dammeyer ausführte. Als Köder fungierten zum Beispiel Zeitungsannoncen, die eine gut bezahlte Arbeit als Haushaltshilfe oder Kindermädchen in Deutschland versprechen. Auch würden sich sogenannte „Loverboys“ die Liebe und das Vertrauen der jungen Frauen erschleichen, um sie dann unter einem Vorwand nach Deutschland zu locken. Doch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zerschlägt sich für die Frauen gleich nach der Ankunft: Anstatt bei der Arbeitsstelle landeten sie im Bordell. Die Schlepper reichten die Reisepässe an die Zuhälter weiter. „Das ist ein Schock“, so die Referentin. Wer sich der Arbeit als Prostituierte verweigere, werde bedroht, unter Druck gesetzt. „Viele haben Angst, mit der Polizei zu sprechen.“

Die Frauen, die bei der Beratungsstelle „Nadeschda“ Hilfe suchen, werden sicher und dezentral untergebracht. Sie werden mit Lebensmitteln und Kleidung versorgt und bei Bedarf medizinisch und psychologisch betreut. Um eine Vertrauensbasis herzustellen, ist es wichtig, mit den Frauen in ihrer Muttersprache zu sprechen, so die Referentin, zu deren Team auch rumänisch und bulgarisch sprechende Kolleginnen gehören. Es sei nicht leicht für die Betroffenen, über das Erlebte zu sprechen, erklärte Dammeyer, deren Klientinnen hauptsächlich zwischen 18 und 25 Jahre alt sind. Aus Angst gingen die wenigsten gegen ihre Peiniger vor. „Viele der Frauen wollen sofort nach Hause“. Wer aussagen und bei einem Strafprozess als Zeuge auftreten möchte, dem steht das „Nadeschda“-Team ebenfalls mit ausführlicher Beratung und Begleitung bei. Die Überführung der Täter sei bei Menschenhandel und Zwangsprostitution nur durch die Aussagen von Betroffenen möglich. Das mache die Angelegenheit oftmals so schwierig. 

Das Frauenfrühstück in der Kirchengemeinde Horn findet zweimal im Jahr statt. Die Organisation übernimmt ein ehrenamtliches Frauen-Team aus der Gemeinde zusammen mit Pfarrerin Petra Stork. Neben dem gemütlichen stehen immer auch Vorträge zu aktuellen gesellschaftlichen Themen auf dem Programm.




 

20.03.2012