Pfarrer Horst-Dieter Mellies ist der neue Beauftragte für Weltanschauungsfragen und Sekten der Lippischen Landeskirche

Seelsorge und Beratung

Der Umgang mit dem „Markt der Religionen“

Kreis Lippe. Pfarrer Horst-Dieter Mellies ist der neue Beauftragte der Lippischen Landeskirche für Weltanschauungsfragen und Sekten. Er will – wie auch schon sein Vorgänger Pfarrer Claus Wagner - ein Ansprechpartner für Menschen in Lippe sein, die Fragen zu Religionsgemeinschaften, Gruppen mit einer bestimmten Weltanschauung oder Sekten haben. Die verschiedenen Gruppen sind durchaus differenziert zu betrachten, erklärt Mellies:

 

„Das Wort Sekte beschreibt klassisch die Abspaltung von einer größeren Gemeinschaft. Sektiererische Züge hat eine Gruppe dann, wenn sie ihre Mitglieder von Familie und Außenstehenden abschottet. Wenn zum Beispiel ein Guru da ist, der Außenkontakte nur noch über die Gruppierung zulässt, dann wird solch eine Gruppe hochproblematisch. Hier ist der Begriff Sekte angebracht. Andere Gemeinschaften, die diese Züge nicht haben, benennen wir besser als weltanschauliche Gruppen. Wir wollen dialogfähig bleiben.“

Das heißt, Sie suchen den Dialog mit bestimmten Gruppen?

„Wenn sich eine Öffnung zeigt, ja, durchaus. In Lippe haben wir vor allem die klassischen religiösen Gemeinschaften wie die Zeugen Jehovas und die Neuapostolische Kirche, von der wir wissen, dass sie NRW-weit etwa 87.000 Mitglieder zählt in 478 Gemeinden, zehn davon in Lippe. Die Zeugen Jehovas haben bundesweit rund 160.000 Mitglieder, für Lippe liegen uns keine genauen Zahlen vor. Die Zeugen Jehovas lehnen meistens die Teilnahme an politischen Wahlen ab, verhalten sich passiv in unserer Demokratie. Und sie verharren in ihrer Position der „Heilsexklusivität“. Bei der Neuapostolischen Kirche zeichnet sich hingegen schon seit längerem eine Öffnung ab, so dass das Gespräch möglich ist.“

Welche Gruppen sind in Lippe noch aktiv?
„Neben diesen seit Jahren bekannten Gemeinschaften, die als religiöse Abspaltungen zu verstehen sind, ist auch in Lippe ein neuer Markt mit vielen kleinen Initiativen und Gruppen entstanden: der Esoterik- und Wellnessmarkt. Ein Beispiel: Homöopathie ist seriös. Wenn sie aber von anderen Tendenzen überlagert wird, Schamanismus, Magie und ähnliches, so hat das nichts mehr mit Homöopathie im klassischen Sinne zu tun.“

Beobachten Sie auch die politische Szene?
„Es gibt politische Gruppen im rechten Bereich mit religiösen Zügen. Die Esoterik hat Randbereiche. Denken Sie nur an den Germanenkult an Hermannsdenkmal und Externsteinen, an neuheidnische Anklänge, Hexenkult, alte Riten, die wieder aufgegriffen werden. Das ist eine offene Flanke ins rechte Spektrum hinein.“

Wie sieht ihr Angebot an Menschen mit Fragen und Problemen aus?
„Ein Großteil ist seelsorgerliche Arbeit. Es geht beispielsweise darum zu gucken, warum jemand sich solch einer Gruppe angeschlossen hat, und das Umfeld zu stabilisieren. Wir können beraten, informieren, Angehörigen Beistand leisten, Kontakt zu Aussteiger- und Selbsthilfegruppen vermitteln. Was wir nicht können, ist, jemanden gegen seinen Willen aus einer Gruppe herausholen.“
Pfarrer Horst-Dieter Mellies, Beauftragter für Weltanschauungsfragen und Sekten,  E-Mail: Horst-Dieter.Mellies@Lippische-Landeskirche.de.

 

09.03.2010